Auschwitz

Vor über zehn Jahren bin ich nach Pempelfort umgezogen, in die direkte Nähe des Geländes des alten Güterbahnhofs. Kurz nach meinem Einzug machte ich eine Führung durch die Nachbarschaft mit, bei der ich viel über die Geschichte des Güterbahnhofs und seine Rolle im Dritten Reich gelernt habe. Die Führung ging bis zum Gelände des ehemaligen Schlachthofes, der bereits abgewrackt war, nur das Pferdeschlachthaus und das Schweineschlachthaus waren stehen geblieben. Letzteres war übrigens der Punkt, an dem sich die zur Deportation vorgesehenen Menschen sammeln mussten. Bevor sie durch die Straßen Pempelforts bis zum Güterbahnhof gebracht wurden. Damals entstand der Gedanke, Auschwitz zu besuchen.

Von Krakau mit dem Bus nach Auschwitz – oder Oswiecim. Der Bus hält vor dem Stammlager, mein erster Eindruck ist ein beliebiges Museum, mit Snackbar, Eingangschleuse und vielen vielen Menschen. Mein Ticket hatte ich im Vorwege bereits online gekauft, und musste nun nur noch abwarten bis mein Slot und meine Sprachgruppe angezeigt wurde. Dann durch die Schleuse, wir erhalten Kopfhörer und marschieren los.

Just als wir zwischen den Blöcken stehen, kommt nach langen Regentagen erstmals die Sonne raus. Wir stehen zwischen massiven Steinhäusern aus roten Steinen, auf säuberlich geschotterten Wegen, gesäumt von alten Bäumen, ein Bild völliger Normalität. Es braucht in diesem Moment mehr als nur ein bisschen Fantasie, um sich das Elend und den Horror vorzustellen.

Ich hatte eine 3,5-stündige Führung gebucht, aber um alles wirklich aufzunehmen, hätte ich die doppelte Zeit gebraucht, mindestens. Wir stehen vor einem mit Fensterglas versiegeltem Raum voller Haare. Dann ein Raum voller Brillenfassungen. Schuhe. Kochgeschirre. Zu schnell, um im Kopf die Verbindung zu lebendigen Menschen zu schaffen, gehen wir weiter. Die nächsten Gruppen sind dicht hinter uns, keine Zeit, um stehen zu bleiben, und zu versuchen, zu verstehen.

In Block 11, dem alten Lagergefängnis, werden wir aufgefordert, zu schweigen, in Gedenken an die hier hingerichteten Gefangenen. Auch als wir später an den ersten Gasofen kommen, in dem die ersten Versuche einer industriellen Vernichtung stattfanden, sollen wir schweigen.

Spätestens hier ist der Kopf voll. Aber nach der Besichtigung des Stammlagers steigen wir in einen der Pendelbusse, der uns nach Birkenau bringt. Wo das Stammlager noch übersichtlich, ordentlich und überschaubar wirkte, wird in Birkenau das Ausmass der Vernichtung deutlich.

Wir gehen entlang der Rampe, an der ab 1944 die Selektionen stattfanden. Wir sind eine ganze Weile unterwegs, um das Lager einmal zu durchqueren, und zu den Gedenksteinen zu kommen, die in der Nähe der ehemaligen Scheiterhaufen errichtet wurden.

Wir gehen in eine der Baracken. Übereinandergestapelt in drei Etagen hatten die Menschen hier … etwas Platz. Bestimmt keine Wärme oder irgendeinen Schutz vor den Elementen. Wie kann man in der untersten Koje überleben? Man kann nicht. Die durchschnittliche Überlebensdauer war drei Monate.

Praktische Information:

Anreise:
Es ist sehr unkompliziert: Vom Busbahnhof Krakau aus geht eine Linienbusverbindung nach Auschwitz – Oswiecim. Der Bus hält direkt vor dem Stammlager.
Eintritt:
Am besten im Vorwege online ein Ticket buchen. Man kann die Zeiten und die gewünschte Sprache der Führung, wie auch die Dauer, aussuchen.
Zwischen dem Stammlager und Birkenau fahren Shuttlebusse. Wir sind auf der einen Seite eingestiegen, und haben unsere Führerin in Birkenau wieder getroffen, dort hat sie die Führung fortgesetzt.